Ohren gespitzt!
Manchmal hat man das Gefühl, alle reden aneinander vorbei. Im Meeting wird seit einer halben Stunde der gleiche Agendapunkt diskutiert und alle möchten zeitgleich ihre Ideen mit einbringen, ohne einander zuzuhören. Und da liegt schon der Knackpunkt: Aktives Zuhören? Kaum vorhanden.
Im stressigen Alltag vergessen wir oft, anderen Menschen wirklich zuzuhören. So entstehen Missverständnisse, Probleme und Konflikte. Und ein Aspekt wird oft vergessen – das aktive Zuhören. Was der Unterschied zum “normalen” Zuhören ist, wie Du Deine Kommunikation damit verbessern kannst, sowie Tipps für die effektive Umsetzung findest Du in diesem Artikel.
- Definition: Was ist aktives Zuhören?
- Was ist das Ziel des aktiven Zuhörens?
- Grundvoraussetzungen des aktiven Zuhörens
- Unterschied: Aktives und passives zuhören
- Fazit: Aktives zuhören als Grundbaustein
Definition: Was ist aktives Zuhören?
Aktiv zuhören bedeutet, das Gesagte Deines Gegenübers bewusst zu verfolgen und zu verstehen. Entwickelt wurde diese Methode von Carl Rogers im Jahr 1961. Als Psychologe und Psychotherapeut entwarf er ein Konzept für Gespräche in der Psychotherapie. Später wurde dies für andere Umgebungen wie etwa den pädagogischen Bereich genutzt.
Für Rogers hat das aktive Zuhören 3 Komponenten:
- Aktives Verfolgen des Gesagten
- Aktives verstehen der Botschaft
- Spiegeln des emotionalen Inhalt des Gesagten
Für die Umsetzung ist es wichtig, dass eine zugewandte Körperhaltung eingenommen wird, also dass der Körper in die Richtung des Gegenübers zeigt. Dies erleichtert auch den Blickkontakt. Um zu signalisieren, dass man der anderen Person folgen kann, können nonverbale Signale wie ein Nicken oder aber auch Laute und kurze Kommentare genutzt werden. Auch der Ausdruck von Empathie und Verständnis ist elementar.
Weitere Kommunikationsmodelle
Ein weiteres bekanntes Modell ist das 4-Ohren-Modell (oder auch: Kommunikationsquadrat) von Schulz von Thun. Es basiert auch Theorien von Karl Bühler und Paul Watzlawick. In dem Modell werden vier Ebenen einer Äußerung dargestellt:
- Sachinhalt: Was wird gesagt?
- Selbstoffenbarung: Was von einem selbst steckt in der Äußerung?
- Beziehung: In welcher Beziehung stehen die beiden Personen zueinander?
- Appell: Was möchte die Person mit der Äußerung bezwecken?
Der Sender einer Aussage bedient unweigerlich diese vier Ebenen. Zu Missverständnissen kommt es vor allem dann, wenn der Empfänger diese anders interpretiert. Das Modell kann dabei helfen zu identifizieren auf welcher Ebene Unstimmigkeiten vorkommen.
Was ist das Ziel des aktiven Zuhörens?
Aktives Zuhören erfordert zwar etwas Übung, aber bietet Dir viele Vorteile. Es lässt Konflikte besser lösen und stärkt zwischenmenschliche Beziehungen und die Kommunikation am Arbeitsplatz. Im folgenden erfährst Du, warum solltest Du Dir beim Zuhören mehr Mühe geben solltest:
- Missverständnisse reduzieren: Durch eine klare und empathische Kommunikation treten weniger häufig Unstimmigkeiten auf – das Konfliktpotential wird also deutlich gesenkt. Informationen werden so zudem besser verstanden und weitergegeben. Unterm Strich bedeutet das vor allem ein besseres Arbeitsklima.
- Team-Gefühl stärken: Wenn das Team weiß, an wen man sich wenden kann, wenn mal Konflikte auftreten, ist dies ein wichtiger Schritt für die Vertrauensbasis und das Wir-Gefühl.Zusätzlich verbessert das die Zusammenarbeit im Team.
- Austausch fördern: Wenn Du mit einem guten Gefühl aus dem Austausch gehst, verhilft dir das nicht nur zu mehr Motivation, Du suchst wahrscheinlich noch öfter einen Austausch.
- Respektvollen Umgang etablieren: Nicht nur zuhören, sondern vor allem aktives Zuhören ist der anderen Person gegenüber respektvoll und empathisch.
- Lösungen finden: Nur wenn Du wirklich verstehst, was Dein Gegenüber von Dir möchte und was das Problem ist, kannst Du Lösungsansätze finden.
Aktives Zuhören: Grundvoraussetzungen
Damit das aktive Zuhören funktioniert, ist die Haltung, mit der Du ins Gespräch gehst, der Grundstein. Auch hierfür hat Carl Rogers drei wesentliche Prinzipien formuliert:
- Empathie
- Authentizität
- Akzeptanz
Das bedeutet also, die Grundhaltung sollte empathisch und unvoreingenommen sein. Authentizität ist auch während des Gesprächs von Bedeutung: Hier heißt es, nicht verstellen, sondern echtes Interesse zeigen. Und ein weiterer wichtiger Punkt ist es, Dein Gegenüber zu akzeptieren und diese Akzeptanz entgegenzubringen. Vor einem Gespräch solltest Du dir diese drei Punkte bewusst machen.
Den anderen zeigen, dass man ihn versteht
Eines der Ziele vom aktiven Zuhören ist, das Gesagte so zu verstehen, wie der Sender es auch meint. Aber wie kann dann man dem Sender vermitteln, dass man seine Nachricht verstanden hat? Hier folgen nun vier Herangehensweisen.
Fragen stellen
Wenn ein Gespräch stattgefunden hat, sollte der Empfänger die Möglichkeit bekommen Fragen zu stellen, denn manchmal erscheinen uns Dinge selbstverständlich, aber unser Gegenüber hat unser Vorwissen und die benötigten Informationen nicht.
Das Gesagte paraphrasieren
Um dem Gegenüber zu vermitteln, dass man verstanden hat, was er gesagt hat, ist es hilfreich, das Gesagte in eigenen Worten wieder zu geben: So kann der Sender nachvollziehen, dass das Gesagte richtig rübergekommen ist.
Emotionen in Worte fassen
Bei dieser Methode verdeutlicht man dem Gegenüber, dass auch die zwischenmenschlichen Signale angekommen und wahrgenommen wurden. Es werden die Gefühle offen angesprochen und dem Sender Empathie entgegengebracht.
Das Gesagte verdichten
Hierbei werden alle Informationen, die in dem Gespräch vermittelt wurden, kurz und knapp zusammengefasst. Das Zusammengefasste kann noch einmal gemeinsam überflogen werden, um Informationen zu ergänzen oder zu streichen.
Fragen klären
In einem Gespräch können viele Informationen verwirrend sein. Falls es zu Fragen kommt, sollten diese von Anfang an geklärt werden, da ungeklärte Fragen im Laufe des Gesprächs oder des geplanten Projektes zu Missverständnissen führen können.
Tipps zur Umsetzung
Wenn die Grundvoraussetzungen stimmen, gibt es ein paar Verhaltensregeln, die beachtet werden sollten. Denn: Nur mit dem Kopf nicken zählt nicht zum aktiven Zuhören, es geht eher um die Mischung von nonverbaler und verbaler Kommunikation. Natürlich kann die Umsetzung herausfordernd sein, aber unsere Tipps helfen Dir dabei
- Unterbrechungen vermeiden:
Zunächst solltest Du die andere Person nicht unterbrechen. Auch wenn die eigenen Ideen oder Meinungen auf der Zunge liegen, solltest Du Dich damit zurückhalten und zuerst das Gesagte aufnehmen.
- Nonverbale
Signale verwenden:
Um Deinem Gegenüber zu vermitteln, dass du aktiv zuhörst, kannst Du nonverbale Signale anwenden. Viele davon, wie zum Beispiel Blickkontakt, Kopfnicken oder ein zustimmendes “Mhmm”, benutzen die meisten Menschen schon unterbewusst. Aber auch die Körperhaltung zählt dazu. Die Arme sollten für eine offene Haltung nicht vor dem Körper verschränkt werden. - Pausen einlegen:
Wenn die andere Person eine Sprechpause einlegt, kannst Du nun zeigen, dass du aufmerksam zugehört hast, indem Du konkrete Fragen stellst. So zeigst Du Interesse und kannst Unklarheiten beseitigen.
- Gesagtes wiederholen:
Zusätzlich kannst Du das Mitgeteilte in eigenen Worten zusammenfassen und wiedergeben und so sicher gehen, dass Du alles richtig verstanden hast. Das zeugt von Aufmerksamkeit und Interesse. Dein Gegenüber wird sich dadurch mehr verstanden fühlen. Zu beachten ist allerdings, dass noch keine eigene Meinung oder Kommentare mit einfließen sollten.
- Störungen umgehen:
Außerdem solltest Du darauf achten, dass keine Störungen auftreten. Gerade wenn ein Gespräch zu einem festgelegten Zeitpunkt stattfindet, solltest Du ein paar Vorbereitungen treffen, also zum Beispiel einen Termin mit dem Hinweis “Nicht stören” erstellen oder ein anderes Teammitglied um die Vertretung am Telefon bitten. Sollte sich ein Gespräch spontan ergeben, kannst Du die Person nach einer Verlegung an einen ruhigen Ort fragen.
Beispiele: Aktives Zuhören im Unternehmen
Auch im Unternehmenskontext ist aktives Zuhören ein wichtiges Werkzeug – nicht nur als Führungskraft, sondern auch generell für die Kommunikation innerhalb eines Teams. In diesem Zusammenhang ist der Situative Führungsstil, enorm wertvoll. Hier findest Du ein paar Situationen, in denen Du die Tipps sofort umsetzen kannst.
Bei Konflikten innerhalb des Teams
Aktives Zuhören ist besonders für das Lösen von Konflikten geeignet. Bei einem Konflikt zwischen zwei oder mehr Parteien ist es wichtig, dass eine unabhängige Person die Moderation übernimmt. So kann sichergestellt werden, dass die oben genannten Techniken umgesetzt werden. Vor allem das Unterbrechen kann so vermieden werden.
In Meetings
Gerade die tagtäglichen Meetings werden manchmal zu schnell abgehakt. Doch besonders hier ist ein geeigneter Platz, um auf Fragen und Schwierigkeiten zu reagieren und Informationen transparent weiterzugeben. Dafür sollte nicht nur extra Zeit eingeräumt, sondern auch darauf geachtet werden, dass jede Person, die möchte, die Möglichkeit bekommt, sich zu äußern.
In Personalgesprächen
Egal ob Beurteilungs-, Jahres- oder Feedbackgespräch: Für ein möglichst effektives Gespräch ist es von Bedeutung aktiv zuzuhören. Nur so können beide Seiten voneinander profitieren und lernen. So wird eine Vertrauensbasis geschaffen und als Führungskraft auch als Vertrauensperson wahrgenommen.
Einstellungsgespräch
Um eine Stelle passend zu besetzen lohnt es sich auch, im Vorstellungs- und Einstellungsgespräch genau hinzuhören.Von vornherein signalisiert Du so eine respektvolle Umgebung und schaffst eine angenehme Atmosphäre. Zusätzlich kann das dabei helfen, die Aufregung der bewerbenden Personen abzumildern.
Unterschied: Aktives und passives zuhören
Es gibt vor allem zwei wesentliche Arten beim Zuhören – passiv und aktiv. Beim passiven Zuhören wird der sprechenden Person ohne zu unterbrechen zugehört und durch nonverbale Kommunikation z.B. durch ein Kopfnicken signalisiert, dass dem Inhalt gefolgt wird.
Beim aktiven Zuhören hingegen ist zusätzlich das Feedback zu dem Gesagten von Bedeutung. Ziel ist es hierbei eben nicht nur zuzuhören, sondern auch zu verstehen und darauf zu reagieren. Doch natürlich ist es schwierig hier in schwarz und weiß zu unterteilen. Oft verschwimmen die Grenzen und es entstehen Formen, die im Graubereich liegen. Ein paar Beispiele haben wir hier zusammengetragen.
“Ich verstehe”-Zuhören
Da gibt es z.B. das Pseudo-Zuhören oder auch “Ich verstehe”-Zuhören. Hierbei geht es eigentlich gar nicht um das wirkliche Zuhören, sondern vielmehr darum, die eigenen Gedanken und Ideen mit einzubringen. “Ich verstehe” wird hierbei oft als Floskel eingesetzt, um nachfolgend selbst zu sprechen. Dies zählt eher zum passiven Zuhören.
Aufnehmendes Zuhören
Beim aufnehmenden Zuhören wird mehr auf den Inhalt der Äußerung geachtet und. Dabei wird nicht nur darauf eingegangen, sondern durch zustimmende Körpersprache oder ein “Mhmm” vermittelt, dass man der anderen Person folgen kann. Diese Art des Zuhörens ist dem aktiven Zuhören schon ähnlicher, jedoch fehlt die Interaktion.
Umschreibendes Zuhören
Das umschreibende Zuhören ist eine Stufe näher an dem aktiven Zuhören. Hier steht die eigene Meinung hinten an. Der anderen Person wird aufmerksam zugehört und die gehörten Informationen werden in eigenen Worten wiedergegeben. Das vermittelt der sprechenden Person, dass wirklich verstanden wurde, was das Anliegen, Problem, der Wunsch/etc. ist.
Aktives Zuhören
Aktives Zuhören ist die letzte Ebene des Zuhörens und erfordert wesentlich noch mehr Interaktion, es ist quasi eine Kombination aus dem aufnehmenden und umschreibenden Zuhören. Körpersprache und paraphrasieren werden hier als Zeichen der Aufmerksamkeit umgesetzt, genauso wie das die Rücksichtnahme auf die Gefühle und Empfindungen. Vor allem ist es wichtig, die andere Person ausreden zu lassen.
Vorteile des aktiven Zuhörens
Aktives Zuhören hat verschiedene Vorteile:
- Verbesserte Beziehungen: Stärkt Vertrauen und fördert Empathie zwischen den Gesprächspartnern.
- Bessere Verständigung: Reduziert Missverständnisse und sorgt für Klarheit.
- Konfliktvermeidung: Hilft, Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu lösen.
- Förderung offener Kommunikation: Ermutigt zu ehrlicher und offener Ausdrucksweise.
- Effektivere Problemlösung: Bessere Lösungen durch tiefes Verständnis der Anliegen.
Fazit: Grundbaustein der Kommunikation
Privat aber auch im Unternehmen bietet aktives Zuhören einen unverzichtbaren Mehrwert. Es vermittelt nicht nur Empathie, sondern stärkt auch das Vertrauen im Team und zu Führungskräften. In Meetings und Gesprächen kann so zudem mehr Struktur in Deine Gespräche gebracht werden.
Da es aber auch in Konfliktsituationen schwierig sein kann, sich an die Tipps zur Umsetzung zu halten, sollte hierfür immer wieder ein Bewusstsein geschaffen werden. Zudem ist das aktive Zuhören nicht nur im beruflichen Kontext ein wertvoller Soft Skill, auch in allen anderen Lebensbereichen bietet Dir diese Fähigkeit Vorteile. Das aktive Zuhören verbessert allgemein die zwischenmenschliche Kommunikation.