Fünf Fragen an Harald Sattelberg

von | 19.11.2020

Harald Sattelberg im factro Interview

Experten teilen Ihr Know-How

In unserer Interview-Reihe „Fünf Fragen an“ stehen Experten zu den Themen „Collaboration“, „digitale Zusammenarbeit“ und „New Work“ Rede und Antwort mit Tipps, Erfahrungen und einem Blick in die Zukunft.

Heute im Gespräch: Harald Sattelberg. „Employer Branding since 2012“ könnte auf seiner Visitenkarte stehen.

Nach Stationen in Werbeagentur, Bestattungswesen, Consulting und Großhandel konzentriert sich Harald voll auf das Arbeitgebermarketing als Success-Faktor in der HR-Arbeit. Er ist Employer Branding Leader DACH bei Schneider Electric, Podcaster, Hobby-Influencer und auf LinkedIn sowie Instagram zu finden.

factro: Was sind für Dich die entscheidenden und unmittelbaren Mehrwerte digitaler Zusammenarbeit? Warum sollten Unternehmen und Organisationen dieses Thema besser sofort als später angehen?

Harald Sattelberg: So banal es klingt: Flexibilität und Freiheit. Man kann zu jeder Zeit und von jedem Ort aus arbeiten (eine Internetverbindung ist natürlich vorausgesetzt). Dadurch lassen sich zum Beispiel Geschäftsreisen erheblich reduzieren, was nicht nur enorm viel Zeit und Kosten spart, sondern auch die Umwelt schont. Oder ich spare mir den stressigen Arbeitsweg ins Büro, mit dem ich täglich zwei Stunden wertvolle Lebenszeit verliere.

Allerdings entsteht digitale Zusammenarbeit nicht auf Knopfdruck. Das Thema benötigt vor allem eins: Zeit und eine transparente Strategie! Die gesamte Organisation muss sich an die neuen Gegebenheiten gewöhnen und den Umgang trainieren. Nicht-affine Mitarbeiter müssen mitgenommen werden und geben das Tempo vor.

Gleichzeitig müssen sichere und vertrauenswürdige Rahmenbedingungen geschaffen werden, denn gerade das Thema „IT-Sicherheit“ ist im Home Office ein relevanter Faktor, den man nicht unterschätzen sollte.

Ein Mitarbeiter von Schneider Electric im Bauteillager

Employer Branding muss authentisch sein und darf auch Spaß machen


factro: Wenn ich Teamarbeit digitalisieren möchte, komme ich an Tools und Apps nicht vorbei. Worauf muss ich bei der Auswahl der richtigen Lösungen besonders achten? Was ist nur Kosmetik?

Harald Sattelberg: Entscheidend ist, die Kernbedürfnisse aller Mitarbeiter an der Basis zu lösen. Nur wenn jeder an seinem Arbeitsplatz echte Mehrwerte und Erleichterungen im Tagesgeschäft wirklich spürt, hat ein Tool überhaupt erst eine Chance, auf Akzeptanz zu stoßen.

Entscheidungen „von oben“, die auf Grundlage à la „wir müssen mal schnell was machen“ entstehen und auf alle Unternehmensbereiche bzw. Gesellschaften auf Biegen und Brechen durchgesteuert werden, haben meist wenig Aussicht auf nachhaltigen Erfolg.


factro: Was ist Deiner Ansicht nach die größte Herausforderung bei der Einführung eines Collaboration Tools?

Harald Sattelberg: Kurz und knapp: Der Mensch vor dem Computer. Wir müssen die Teams an die Hand nehmen, um sie zu gewinnen. Alle sollten verstehen, ja verinnerlichen, wie sie Collaboration-Tools gewinnbringend einsetzen können. Und: Sie müssen es als Routine in ihren Arbeitsalltag integrieren, wo wir wieder bei der Zeit sind.

Denn jedes neue Tool ist eine Veränderung und bis wir alle Phasen der Veränderung (von Ablehnung bis Erfolg) durchschritten haben, vergeht Zeit. Ganz gut eignen sich dafür „Ambassador-Modelle“, mit deren Hilfe wir freiwillige Nutzer zunächst als Tester einsetzen, die im Nachgang die Mitarbeiter mit trainieren. Das baut Distanzen ab und gibt Raum für Fragen und Feedback.

Ein Mitarbeiter von Schneider Electric bei einer Ladesäule für Elektroautos

Schneider Electric profitiert stark von Digitalisierung und Elektrifizierung


factro: Kein Tool ersetzt ein starkes Team. Wo stößt Software an Grenzen?

Harald Sattelberg: Der Trend zum Home Office und digitalen Meetings bringt ja gerade häufig Randerscheinungen mit: Anonymität durch stumme Mikros und ausgeschaltete Kameras und schlechte Redner:innen. Die fehlende Zwischenmenschlichkeit, die in physischen Meetings vor allem durch nonverbale Kommunikation ganz subtil stattfindet, kann für eine synthetische Atmosphäre sorgen. Und damit zu geringerer Zielerreichung in der Zusammenarbeit. Hier ist es wichtig, dass Meetings professionell moderiert werden, um alle Teilnehmer (auch mental) an Board zu behalten.

Digitale Moderation beinhaltet nicht nur, stillere Mitarbeiter auch mal bewusst anzusprechen und ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, sondern auch die aktuelle Stimmung zu spüren und bei Bedarf durch Sprüche und Witze aufzulockern. Am Beginn des Meetings lohnt es sich, gleich mal klarzustellen, dass es OK ist, wenn man in Jogginghose vorm Rechner sitzt und sich zwischendurch einen Kaffee holen will. Daher lautet meine Bitte immer: Kamera an! Und: Egal, was Du für eine Frisur hast!

In „schriftlichen“ Formaten – ob Chat, Kommentare oder Feedback –können zum Beispiel Emojis oder GIFs ein Stück Zwischenmenschlichkeit transportieren.


factro: Was macht einen Digital Leader aus und welche Kompetenzen muss er/sie mitbringen oder entwickeln?

Harald Sattelberg: Digital Leader müssen nicht nur grundsätzlich offen für neue Möglichkeiten und Innovationen sein, sondern sich diese auch spielerisch ausprobieren, um sich ein Bild zu machen und ein Urteil erlauben zu können.

Dazu gehört auch das Selbstbewusstsein, nach Feedback zu fragen, obwohl man eventuell überhaupt keine Ahnung hat, was TikTok ist, wie ich eine LinkedIn Story erstelle oder warum das gute alte Facebook nichts mehr für die jüngere Generation ist. Das ist OK, auch als Manager! Nur wer weiß, wie Tools und soziale Netzwerke funktionieren, kann hier ernsthaft und glaubwürdig mitreden und seriöse Entscheidungen treffen.

Bestehende Dinge dürfen nicht als Gott gegeben hingenommen werden, sondern müssen kontinuierlich in Frage gestellt werden. Hier ist es besonders wichtig, Mitarbeiter einzubinden und Fehler zuzulassen. Gleichzeitig darf man die eigentlichen Unternehmensziele nicht aus dem Auge verlieren. Allein hip und fancy zu sein, reicht nicht aus.


Über Harald Sattelberg:

Harald Sattelberg leitet bei Schneider Electric das Thema Employer Branding für die deutschsprachigen Länder. Schneider Electric ist ein B2B Konzern mit mehr als 135.000 Mitarbeiter:innen in über 100 Ländern weltweit und führend in nachhaltigen, digitalen Technologien für Automatisierungslösungen und Energiemanagement.

Im hochkompetitiven deutschsprachigen Zielmarkt, in dem bekannte Player fest etabliert sind, ist es Haralds Ziel, Schneider noch bekannter zu machen, um die besten Talente für das Unternehmen zu gewinnen. Warum? Die Zukunft ist elektrisch!

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Mahir Kulalic

Mahir Kulalic schreibt im factro Blog mit Leidenschaft für Technik, Tools und Trends. Mahir ist nicht nur Teil des factro Redaktionsteams, sondern unterstützt mit seinen factro Skills auch in unserem Produkt-Support. Im factro Blog berichtet er über die neuesten Entwicklungen auf dem Markt und teilt hilfreiche Best Practices für den operativen Alltag rund um professionelle Projektmanagement- & Collaboration-Software, Digitalisierung und virtuelle Zusammenarbeit.